Der Zug war ca. eine Stunde früher in Krasnodar – um 4 statt 5, was mich um den Schlaf brachte. Ich ging aus dem Bahnhof, suchte was zum essen und sitzen. Fast nichts los aber eine kleine Kantine war offen.
Da holte ich mir ein paar Pommes, Huhn und saß da. Die Pommes von vorgestern aber erst mal egal. Ungesunde Ernährung seit ein paar Tagen, wie das so auf Reisen ist. Ein obdachloser kam in die Kantine, wollte Geld. Das Gesicht war irre zerknüllt, dreckig, offener Hosenstall – mit der irrste Russe, den ich bisher so sah. Er wurde rausgescheucht und so hatte ich auch wieder Ruhe. Gegen 5 in der Frühe ist das Publikum ein anderes.
Ich ging schließlich zurück in den Bahnhof mit der Sicherheitskontrolle und dem Kosaken. Ging alles OK, dann arbeitete ich mit Android Hadny und iPad – schickte ein paar emails, soweit das ging. Meist nur FWDs, dann musste ich auch schon in den Zug. Viele Russen sind in Bewegung und wollen nach Sochi. Im Zug war eine Anwältin, die schon zum zweiten Mal dahin fährt. Sie zeigte Photos von Israel, wollte mir ein’s schenken. Danke aber das ist ihre Erinnerung – zu Brot und Wurst sagte ich nicht Nein.
Sehr freundlich und die Leute sind echt stolz auf die Spiele, so irre die auch sind. Wir irre sah ich dann als ich aufwachte und der Zug am schwarzen Meer entlang fuhr. Da fährt man am Kieselstrand bei strahlendem Sonnenschein am Wasser entlang. Das ist weit weg von Winterspielen und eben das „paradox“ wie sie sagte. In Sochi dann stiegen die meisten Leute aus und ich wartete .. und wartete. Es kam eine Durchsage mit „sorok minut“ – fragte nach – ja, 40 Minuten Wartezeit.
Ich musste meine Tickets abholen und hatte die fixe Idee, dass ich das während dieser 40 Minuten machen sollte. Also ging ich raus aus dem Bahnhof und sah die Sicherheitshallen, wollte zum Ticketcenter. Das war aber hinter der Sicherheitszone und nach Adler, Olympischer Park ging da nur durch. Nur eben nicht für mich, weil der Eintritt nur mit kleinem Gepäck erlaubt ist – auch ohne Getränke, Essereien usw.. Ich sollte die Sachen ohnehin in Adler abholen, da hier die Leute über 2 Stunden stehen. So hatte ich den ersten Dämpfer mit der Organisation. Russisches Schlangestehen und wenig English. Die Leute waren aber hilfsbereit und ich stieg in den Bus nach Adler- RUB 70. Sehr warm mit meiner dicken Jacke – um die 20 Grad sicher draußen.
Die Uhr tickte. Erst 15:30 kam ich nach Adler – über eine Stunde Fahrt von Sochi. Die Leute hatten alle den Besucher-Pass umhängen. Mein 1000m Eisschnellauf-Finale war um 18:00 angesetzt und ich hatte weder Ticket noch Besucherpass mit Bild. Per GPS wählte ich eine günstige Haltestelle zum Hostelnahen Exit im supervollen Bus. Dann per Taxi und 100 RUB zum Hostel. Dort hatte ich Glück, denn ein paar Leute waren gerade auf dem Weg. Ohne jegliches Schild und Beschreibung hätte ich das unter der Adresse auch nicht gefunden. Seit meiner Abreise aus Orel waren nun 40 Stunden vergangen. Orel (Adler auf Russisch) nach Adler (auf Deutsch) also.
Die oberste Etage eines Neubaublocks war also das Hostel und das war dann eine Baustelle. Eine etwas ärgerliche Japanerin saß da in einem leeren großen Zimmer. Der Administrator sei gerade nicht da. Ich bekam mein Bett, sprang unter die Dusche und war so in ca. 15′ wieder draußen. Cameras, Pass und Geld – ich musste zum Bahnhof in Adler, wo es Tickets und den Pass gab.
Sicherheitskontrolle am Bahnhof, dritte Etage und Ernüchterung. Auch hier standen sich die Leute die Beine in den Bauch. Inzwischen war es 16:30 und meine Hoffnung schwand damit dahin. Nach über einer Stunde anstehen um 17:45 war ich wütend auf Russland und die Organisation. Ich hatte genug. Nach 38 Stunden Zugreise und Russland insgesamt war ich am Ende mit dem Land. So viel Sicherheit aber kein Geld für die Ticketausgabe? Man hätte sich Tickets und Pass vorher zuschicken lassen, was aber für mich nicht möglich war – zu kurzfristig war meine Entscheidung vor 3 Wochen.
Eine nette Russin – eigentlich aus Kharkov, mit einem Russen verheiratet und Local hier fing ein Gespräch an und wir plauderten etwas. Sie war in meinem Alter, sprach überraschend gut Englisch und meine Stimmung hellte sich nun etwas auf.
Ich hatte den Eisschnellauf-Wettkampf schon fast aufegegeben und dann wurde doch noch alles gut. Sie fragte, wann denn mein Wettkamp sei – ich sagte in 15 Minuten. Da wollte sie mir helfen und sprach mit einem Ordner und ich wurde vorgelassen. Die Russen wollen ihr Land gut präsentieren und stehen dann auch zurück, wenn ich als Ausländer die Schlange überspringe. Sehr nett!
Ich bekam meine Tickets so schnell es ging vor den Wartenden und brauchte jetzt den Pass. Dort das gleiche Spiel: viele Leute standen oder warteten. Ich ging zur einer Ordnerin und zeigte mein Eisschnelllauf-Ticket für 18:00, ob sie was machen könnte. Jetzt war es um 18:00 und sie fragte, wieviele Leute es denn seien; nur ich hier und sie organisierte was. An einem Automaten bekam ich eine Nummer – 315. Sie organisierte, dass meine Nummer dann aufgerufen wurde. Ich hatte mich ja nicht mal aufd er Seite registriert. Dann ging alles fix. Mein Pass, mein Ticket, mein Photo wurde aufgenommen und der junge Organisator druckte den Pass dann auch noch fix manuell aus. Das alles dauerte etwa 10 Minuten gegenüber ein paar Stunden, die ich wohl sonst gebraucht hätte. Ich hatte meine Sachen, bedankte mich herzlich und ging dann durch die Sicherheitskontrolle für die Züge zum olympischen Dorf. Da fuhr auch gerade ein voller Zug ab, echt Glück und nochmal 10 Minuten gespart.
Ich lernte aus der Geschichte, dass Zurückhaltung nicht immer angebracht ist. Ich sollte doch mehr egoistisch handeln, nicht nur hier sondern auch im Business. Eine kleine Lektion, wenn ich das richtig deutete.
So kam ich dann also am olympischen Park an – ca. 18:25 inzwischen. Wow! Die Eisschnellauf Halle war weit weit weg. Ich hätte nie gedacht, wie groß das Areal hier in Wirklichkeit sei. Ein Wahnsinn, das für die Olympischen Spiele zu bauen.
Ich joggte und joggte, kam in’s Schwitzen bei der Wärme. Ein weiter Weg zum anderen Ende. Die Sonne ging unter und schließlich nach 15 schnellem Gehen und Joggen kam ich zur Halle, wurde reingelassen. Es war gerade die Pause vor dem zweiten Teil der Wettbewerbe, eine Eismaschine drehte Runden. Mein Sitzplatz war frei und verschwitzt saß ich dann und durfte die zweite Hälfte der 1000m Wettbewerbe miterleben. Super!
Die schnellsten Zeiten kamen in dieser Hälfte und ich erinnerte mich an meine 1000m Wettbewerbe einen falschen Bahnwechsel in Berlin – lange ist’s her.
Alles bestens und so war ich doch sehr happy, dass das alles so gut klappte. Dank an die Hilfsbereitschaft. Jetzt am Abend gab’s auch die Medallien-Übergaben, die ich mir gern anschaute. Deutschland war auch ab und zu dabei. Die Leute so jung und auch hübsche Skifahrerinnen. Alle Anfang 20 oder jünger. Das ist eine andere Generation und eben etwa das Alter, wie ich damals aufhörte mit um die 16. Damals wären es noch um die 4 Jahre Training gewesen und gesundheitlich ging’s keineswegs. Ob sich die Qualen lohnen? Schwer zu sagen. Für die Sieger sicherlich – für alles nach dem Podest, weiß nicht. Die Investition bis Anfang 20 ist noch OK, mit 30 ist die Sache eigentlich für Siegerpodest-Plätze gelaufen. Hier in Sochi zu sein, war’s mir jetzt aber voll wert – auch als Zuschauer.
Es wurde sehr frisch zum Abend hin und ich bibberte dann mit meinem Hoody. So warm das Wetter am Tag ist, so winterlich wurde es abends. Vielleicht hatte ich auch nur zu wenig gegessen, doch nach den Madallien ging ich nach Hause. Erkältungsalarm. Ein Kumpel war wohl hier und ich sollte ihn snrufen aber mein Handy hatte ein Problem, Nummer ließ sich nicht kopieren und ich war hundemüde. Ich dachte, er wäre schon in Georgien?!
Wieauchimmer, ich kam nach Hause. Nahm einen Bus und zahlte dann doch 250 RUB nochmal bis zum Hostel. Dort dann suchte ich ein Geschäft, kaufte was zu essen und machte mir im Hostel schließlich ein Abendbrot. Im Hostel war die Polizei. Ein Japaner hatte sich wohl über die Zustände im Hostel beschwert und die Miliz geholt, wollte die Rechnung nicht zahlen. Ich machte mir einen Burger warm und kam mit dem Besitzer hier in’s Gespräch. Er fand seine Position gerade nicht „cool“, würde schon gern einen besseren Service anbieten aber das Hostel ist eben gerade mal halb fertig. Tja, hätte er mal geringere Preise angeschlagen. Für €70/Nacht ist das zu Olympia gerade so erträglich. Witzig: die Polizei wollte dann mit den Japanern dann noch ein Photo machen und auch der Hostelbesitzer ließ sich mit denen ablichten. Die Situation war damit etwas fröhlicher.
Ich war nach 60 Stunden ohne Bett einfach zu müde. Etwas Internet zum Arbeiten. Mein Bett wartete und ich schlief dann auch schnell ein.
Der Tag war extrem lang und schwer aber am Ende war alles gut. Die Hälfte des Wettkampfs war mehr, als ich nachmittags noch erwarten konnte.
Danke!






















































































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